Der Name des Dorfes war ehemals wendischen Ursprungs. Es hieß Früher: „Sottstorp“, d.h. Strohbudendorf. Später ist daraus „ Gutstorp“ entstanden und dann erst wurde der Name des Ortes in Kutzdorf umgewandelt. Die Lage des Dorfes ist sehr günstig und wurde schon in damaliger Zeit von den Wenden für durchaus geeignet erkannt. Im Norden und Osten wird es von der Mietzel eingeschlossen und im Süden und Südosten von Höhen umgrenzt. Bei einem feindlichen Angriff konnte es sehr gut verteidigt werden. An der Mietzel entlang erstrecken sich sumpfige Wälder, welche für Ortsfremde schwer zu Passieren waren. Die Flurnamen „Schulzenbruch“ und „Schneiderbruch“, jetzt fruchtbares Ackerland, hatte auch den Namen danach. Das Schulzenbruch gehörte später dem Ortsschulzen und der Name des Schneiderbruchs wird auf folgende Weise erklärt; In der Schlacht bei Zornsdorf soll sich ein Schneider in diesem sumpfigen Gelände versteckt haben.
Die mit Erlen und Weiden bestandenen Sümpfe bildeten für die Bewohner des Dorfes ein willkommenes Jagdgebiet, womit die Lebensbedingungen der Wenden erfüllt waren. Sie trieben wenig Ackerbau und gingen dafür lieber auf die Jagd und erlegten die Tiere, die sich in den Sümpfen aufhielten, z.B. Luchs, Wildschweine, Wildenten, Reiher, Gänse u.a.m. Neben den Tieren des Sumpfwaldes lieferte die Mietzel der Bevölkerung reichlich Fische.
Otto von Bamberg reiste auf Bitten des Polenherzogs durch die Neumark, um die heidnischen Pommern zu bekehren. Es gelang ihm auch 1124 die ersten Pommern in Pyritz zu taufen. Die Grenzstreitigkeiten zwischen Polen und Pommern waren jedoch damit nicht aus der Welt geschafft.
Durch die Askanier und den Templerritterorden begann die Polnisierung der Neumark. Polen und Pommern suchten in den Deutschen Verbündete zu erhalten und verschenkten Teile der Neumark, wo auch unsere engere Heimat dazugehörte. Der Polenherzog schenkte 1232 dem Templerorden 1000 Hufen Land zu beiden Seiten der Mietzel. Zu diesem Gebiet gehörte auch Kutzdorf. Ferner erhielten die Templer vom Pommernherzog das Land „Dargumig“ (Darrmietzel), zwischen Darre und Mietzel gelegen. In den folgenden Jahren wurde der Besitz noch vermehrt und als das Land „Küstrin“ bezeichnet. Im Verein mit den Askaniern haben die Templer unsere Gegend mit deutscher Bevölkerung besiedelt. 1254 mußten die Pommern den nördlichen Teil des Kreises Königsberg an die Templer abtreten. Mit der Zurücknahme des ehemaligen Deutschtums sollte das Christentum zu gleicher Zeit Eingang finden.
Eine alte Sitte, die sich bis in die heutige Zeit erhalten hat und noch auf den altgermanischen Götterglauben zurückzuführen ist, besteht darin, daß sich in der Nacht zum 1. Mai (Walpurgisnacht) junge Burschen aus dem Dorfe als Hexen verkleiden, um auf Besenstielen, Schaufeln und Stöcken nach dem Blocksberg reiten. Hinter sich ziehen sie allerlei klapperndes Gerät, wie z.B. alte Töpfe, Blechbüchsen und Ketten. Mit einem Heidenlärm reiten sie damit durch die stille Dorfstraße. Die Tätigkeit der „Hexen“ besteht darin, daß sie 3 Kreuze an Türen und Tore machen. Ein anderer Anklang an germanische Göttersagen ist auch darin zu suchen, daß am Weihnachtsheiligabend in sämtlichen Familien des Dorfes Mohnspeise – „Mohnstriezel“ genannt, gegessen wird. Ein dritter Beweis hierfür, am Ostersonntag gehen junge Mädchen nach der Mietzel, um „Osterwasser“ zu schöpfen.
Das Wendentum wurde mehr und mehr zurückgedrängt und flüchtete sich in sumpfige Waldgegenden, während deutsche Ansiedler mit neuer Kraft Neuland gründeten und die Sümpfe an der Mietzel urbar machten. Kutzdorf ist in der Mitte des 13. Jahrhunderts ein deutsches Dorf geworden. Es enthielt: ein Frei- oder Lehnschulzengut, 5 Bauerngüter, 13 Kossätenstellen und 7 Freihäuslerstellen. Bauern hatten sich den Templer angeschlossen, diese fingen nun an, das Land zu besiedeln. Holland, Flandern, der Niederrhein, Westfalen, Sachsen waren jedenfalls die Heimat dieser Ansiedler. Der Ruf Albrecht des Bären und der Templer bot ihnen passende Gelegenheit, sich Neuland zu verschaffen. Die Tempelherren suchten nun so schnell wie möglich das Land zu besiedeln und die alten Dörfer auszubauen und neu zu gründen. Das Land sollte bald ertragsfähig gemacht werden, und sie wollten dann ihre Einnahmen daraus ziehen. Die Dorfgründung wurde einem Unternehmer übertragen. Er bekam ein Stück Land von 30-70 Hufen (2400- 5600 Morgen). Die Hufen waren verschieden groß, es gab neumärkische, pommersche und soldinische Hufen. (Durchschnittlich 20 Hektar gleich 30 Morgen) Der Unternehmer selbst bekam zunächst 4-5 Hufen für sich selbst. Diese waren steuerfrei und sein erbliches Lehen. (Lehnsschulze) Dem Grundherrn mußte er das Lehnspferd stellen und selbst als leicht bewaffneter Reiter in den Krieg ziehen. Die Bestimmung über die Lage des Dorfes und der Höfe übernahm der Lehnsschulze. Die übrige Fläche wurde unter die Ansiedler verteilt. Jeder bekam 2-3 Hufe Land, jede Kossätenstelle 1 bis 1 ½ Hufe. Die Ansiedler erhielten einen Vorschuß an Saatkorn und Geld und blieb 3-4 Jahre frei von abgaben. Wo die Ansiedler erst Wald ausroden mußten, erhielten sie Hufen von doppelter Größe und brauchten 16 Jahre keine Abgaben zahlen. Weil die Höfe erblich waren, wurden sie von den Ansiedlern ausgiebig bewirtschaftet. An den Ritterorden mußte eine Grundgebühr entrichtet werden, der Erbzins. Dieser betrug jährlich 1-2 Schilling. Die Bauern mußten außerdem der Kirche den Roggenzehnten und den Fleischzehnten abgeben, was für die Bauern eine harte Forderung war. Ferner mußten die Frauen noch Spinndienste verrichten. Der Lehnschulze war abgabenfrei. Die Ansiedler erhielten eine Vergünstigung vom Grundherrn, sie hatten nämlich das Recht, ihr Vieh in der Forst zu hütten und erhielten auch Holz zu Taxpreise. Später wurde ihnen dieses Recht wieder genommen und als Entschädigung hierfür erhielten sie das rings von Wald umgebene so genannte „Hohe Feld“. Der Lehnsschulze übte die niedere Gerichtsbarkeit im Dorfe aus. Ferner konnte der Lehnsschulze noch einen Krug einrichten, als Entschädigung seines Dienstes als Steuererheber. Im Jahre 1540 kam es zwischen dem Bischof Georg Blumenthal und dem Komtur zu Quartschen zu einem Streit wegen des Zehnten. Nach langen Verhandlungen trat der Ordensmeister die Komturei Quartschen nebst Neudamm und die Dörfer Kutzdorf, Nabern, Kleewitz, Kalenzig, Drewitz, Darrmietzel, Schaumburg, Wilkersdorf, Zorndorf und Zicher an den Markgrafen Johann ab. Jetzt erst konnten sich die Bauern wieder beruhigen, denn das Land hatte jetzt einen festen Herrn. Als Johann von Küstrin seine Regentschaft antrat, dachten die Bauern jetzt würde ihnen die hohen Abgaben erlassen werden, aber es blieb dabei. Auch mußten sie weiter ihre Fuhren und dergleichen verrichten. Bei dem Festungsbau in Küstrin mußten sie sich täglich in seinem Dienst stellen und von früh bis in den späten Abend fuhren für ihn tun. Sie taten es aber gern für ihren Herrn. Er war auch sehr auf das Allgemeinwohl der Bauern bedacht und half die Landwirtschaft fördern. Des Öfteren war er in Neumühl zur Jagd und man sieht heute noch das Schloß, das er zu diesem Zweck erbauen ließ.
Auch Friedrich der Große hat hier eine Erwerbsmöglichkeit geschaffen, in dem er die Industrie hier förderte. So entstand durch ihn in Eisenhammer und Kutzdorf eine Messerschmiede, eine Lohgerberei, eine Ziegelei, eine Ölmühle, eine Pulvermühle, eine Tuchweberei.
1755 wurde es ein Eisenhammerwerk das erst dem Staat gehörte und dann in Privatbesitz überging. Die Mietzel mit ihrer Kraft wurde in die Dienste des Menschen gestellt und so verdanken die Mühlen und Werke ihren Ursprung kleinen Flüßchen. Auch bietet der Wald den Bewohnern des Ortes reichliche Beschäftigungsmöglichkeiten noch in heutiger Zeit. Auch wenn der Boden sandig ist, so werden doch mit viel Mühe und Arbeit gute Ernten erzielt. Der genügsame Bauer hängt an seiner Scholle und ist verwachsen mit seiner Heimaterde.
Quelle: Neumärkische Zeitung 25. okotober 1927